Zur Zeit häufen sich die runden Geburtstage bekannter Comic-Figuren. Lucky Luke wurde 70, Spirou 80, Micky Maus und Popeye 90. Doch auch eine deutsche Comicfigur hatte 2018 einen runden Geburtstag: Nick der Weltraumfahrer feierte seinen 60sten! Grund genug für Autor Andreas C. Knigge und Herausgeber Hartmut Becker, der Science Fiction-Serie von Hansrudi Wäscher einen dicken fetten Sekundärband zu widmen.
1958 war die junge Bundesrepublik mit dem Wirtschauftswunder und der Verdrängung des Nationalsozialismus beschäftigt. Küchenmixer, Waschmaschinen und Fernseher halten Einzug in deutsche Wohnungen, Adenauer ist Kanzler, die Rente kommt. Die zaghaften Versuche der Jugend, aus dem bedrückend-spießigen Alltag auszubrechen, werden als „Verwahrlosung und Verrohung“ (FAZ) gebrandmarkt. In dieser Gemengelage erscheint nach Sigurd und Akim Wäschers dritte Publikation für den Lehning Verlag: „Sputnik explodiert“ heißt das erste Piccolo aus der Serie Nick der tapfere Raumpilot. Der Titel bezieht sich auf die erste Raumsonde im All, die zum Entsetzen der westlichen Welt nicht von den Amerikanern, sondern den Sowjets dort hochgeschossen wurde. Comic-Urgestein Andreas C. Knigge beschreibt das alles in seinem Sekundärband DER GRIFF NACH DEN STERNEN – NICK DER WELTRAUMFAHRER sehr ausführlich und reich bebildert. Kenntnisreich setzt er den geschilderten Inhalt der Piccolos in den geschichtlichen Kontext der Bundesrepublik.
Die Nick-Piccolo-Serie erschien nur von 1958 bis 1960 (gefolgt von einigen Großbänden) und ist damit Wäschers kürzeste Serie geblieben. Was schade für die Fans des Weltraumfahrers war, ist gut für das Buchkonzept. Dank des überschaubaren Umfangs der Serie kann hier das Phänomen Nick in einer umfassenden Komplettheit beleuchtet werden, die bei Sigurd ein Telefonbuch füllen würde. Und es bleibt sogar noch Platz für die Nachfolgeserien, die nicht mehr Wäscher, sondern andere Autoren und Zeichner gestaltet haben. Darunter ist auch unser Gringo-Kollege Jürgen „Geier“ Speh, der die Nick-Piccolos seit 2010 zeichnet und aktuell an seinem 129. Heft arbeitet. Über Geier heißt es im Buch: „Da bei den Lesern im jetzt grauhaarigen Alter (…) Thrill weniger eine Rolle spielt als zu frischen Jugendtagen, ist es (…) die Atmosphäre, die sie in den Heften suchen – und die Jürgen Speh adäquat zu bieten vermag, bald bereits in schon mehr Piccolo-Heften, als Wäscher sie in den Jahren nach dem Sputnik zeichnete.“
Der 260seitige Hardcoverband DER GRIFF NACH DEN STERNEN – NICK DER WELTRAUMFAHRER (dem zwei späte Nick-Piccolos von Wäscher beiliegen) ist ein kompaktes Stück Comicgeschichte und seit November im Comicladen oder direkt beim Verlag Comics etc. für 48,95 Euro erhältlich.