Retro-Recken

Irgendwo in den Tiefen des Gringo-Archivs ist dieses Foto aufgetaucht… Es zeigt zwei alte Haudegen der deutschen Comicszene, zwei Retro-Recken der Gringo-Familie: Stephan Hagnow (links, mit der Matte) und Geier (rechts, mit Haaren). Beide machen ja heutzutage durch ihre derbe Produktivität auf sich aufmerksam. Ersterer haut einen KOMMISSAR FRÖHLICH nach dem anderen raus (gleich erscheint Band 11) und Zweiterer schüttelt DOKTOR WER-Seiten wie ein Besessener aus dem Handgelenk und startet nebenbei noch als Ein-Mann-Verlag ein komplettes Comic-Magazin namens BG.

Tja, und die beiden haben schon gezeichnet, als viele von uns noch in die Windeln geknödelt haben. Dieses feine Foto müsste 1992 beim Comic-Salon Erlangen am Stand von Alpha entstanden sein. Der legendäre Verlag von U-Comix und Schwermetall, für den Stephan und Geier sowohl Alben als auch Magazin-Beiträge zeichneten, hat schon längst das zeitliche gesegnet – aber unsere Retro-Recken stehen immer noch. Holdrio!

Gringo History bei Dreimalalles

Auf dem Comic-Blog Dreimalalles hat Christian Maiwald kürzlich eine Serie über wegweisende deutschsprachige Fanzines gestartet. In der aktuellen zweiten Episode geht es neben dem Fanzine Paranoid um einen guten alten Bekannten: FILMRISS, das Magazin aus den Anfangstagen von Gringo Comics (oben abgebildet das schöne Cover der Ausgabe 4 von Martin Frei). Damals, Anfang der 90er, firmierte Gringo noch unter dem Namen Amigo Comics und wurde von unserem Holger Bommer gemeinsam mit Andy Mergenthaler herausgegeben. Holger macht bekanntlich immer noch Gringo Comics, und Andy hat einige Zeit später Cross Cult gegründet. Damit ist FILMRISS natürlich auch rückblickend für Comic-Freunde von Interesse. Der sehr lesenswerte Artikel ist hier zu finden:

Filmriss bei dreimalalles.info

Kennt noch jemand… Rammbock?

Es war einmal im Jahr 1987. Ein Junge von 12 Jahren ging zum Kiosk und entdeckte dort die erste Ausgabe eines prall gefüllten Comic-Magazins mit dem knackigen Titel RAMMBOCK. Das ganze Heft war gestaltet von jungen einheimischen Zeichnern. Die Betonung liegt auf einheimisch. Und jung. Sowas hatte der Junge noch nie gesehen, kramte Sechs Mark Achtzig hervor und kaufte sich das Magazin. Natürlich gab es damals schon andere Fanzines, und einige von denen sind rückblickend als wichtiger einzustufen, manche gibt es sogar heute noch (siehe ZEBRA). Aber die RAMMBOCK-Crew hatte den wahnwitzigen, tollkühnen Plan ihr Magazin an den Kiosk zu bringen, und daher konnte das Heft auch von kleinen Jungs, die noch keine Anbindung an die Comic-Szene hatten, entdeckt werden. Im Heft gab es wunderbare Comics mit wohlklingenden Titeln wie Tales from the Toilet, Rhombo: Auf der Suche nach Oma, The Atack of the Zorch Man oder Die Lösung von Kringeln. Letzterer wurde beigesteuert von einem blutjungen und zeichnerisch herausragenden Haggi, heutzutage bekannt und beliebt für seine Gringo-Comics um HARTMUT oder DIE ABENTEUER VOM LIEBEN GOTT. Die Abbildung oben zeigt diesen jungen Haggi und ist einem redaktionellen Text aus dem zweiten RAMMBOCK entnommen, der versehen war mit Mitarbeiterfotos, die aussahen wie RAF-Fahndungsfotos. RAMMBOCK war sehr ambitioniert. Zu ambitioniert. dass ein Comic dieser Art in Kiosk-Auflage nicht klappen kann, brauche ich euch nicht zu erzählen. Die Androhung einer Klage von Uderzos Anwälten wegen Haggis Asterix-Parodie Die Lösung von Kringelixen gab RAMMBOCK den Rest. Nach drei Heften war Schluss.

Der kleine Junge war übrigens euer Blog-Gringo, und es sollte noch runde 20 Jahre dauern, bis er RAMMBOCK-Mitarbeiter Haggi in echt begegnete.

Damals war die Welt utopisch

Letzten Sonntag auf der Berliner Comicbörse aus einer Kiste eines ahnungslosen Händlers gerettet: UTOPISCHE WELT NR.1. Neben der langlebigen Piccolo-Reihe gleichen Namens versuchte sich der Verlag CCH Anfang der Neunziger an dieser Veröffentlichungsform als farbiges Hardcover-Album (nach zwei Ausgaben war bereits wieder Schluss). Mit dabei in der heute schwer zu bekommenden Startausgabe waren gleich zwei spätere Gringo-Recken: Stephan Hagenow mit Red Moon und der Werwolf und Martin Frei mit einer unbetitelten Zeitreise-Story mit perfektem Timing. Stephans Strich und seine expressive Farbgebung sehen schon stark nach RATTENFALLE aus, seinem kurze Zeit später im Alpha-Comic Verlag erschienenen Album (Schwermetall präsentiert, 1992) und Martins mit vielen Schraffuren versehene Zeichnungen verweisen bereits auf sein Schimanski Album ZWEIERLEI BLUT (Ehapa, ebenfalls 1992).

Genuss ohne Reue für schlappe 3,- Euro!